Das hier gezeigte Foto ist leider nur ein Platzhalter für das eigentlich gemeinte Bild, aber ich habe bisher noch keine Antwort auf meine Bitte um Erlaubnis zur Veröffentlichung des Bildes „Christ“ hier auf unserer Website von Herrn Gupta erhalten. Zu finden über Google unter dem Stichwort „Satish Gupta Christ“ ist leider nur der obere Teil des Bildes, leider recht dunkel, im Publik-Forum 16/2022 und im „Himmlischen Geflecht“ von Perry Schmidt-Leukel. – Aber nun zum Bild:
Heute werde ich noch eine weitere Malerei vorstellen, sozusagen als Ergänzung zum Bodhidharma von neulich. Dieses Mal heißt das Bild „Christ“. Gestaltet wurde es von dem in Indien sehr bekannten und gefeierten Künstler, Bildhauer und Maler, Satish Gupta. Er selbst ist Hindu, fühlt sich aber stark zum Zen-Buddhismus und dessen Philosophie hingezogen. Die Leerheit in den kalligraphischen Werken der Zen-Meister, die Schlichtheit, die Form und – vor allem – die Stille, entsprächen dem, wie er selber denkt. Nachzulesen auf S.254 in dem Buch „Das himmlische Geflecht“ von Perry Schmidt-Leukel, Professor für Religionswissenschaften und Interkultureller Theologie an der Uni in Münster. Dieses Gemälde wurde vor längerer Zeit ebenfalls abgebildet im Publik Forum. Ich fand es von Anfang an sehr faszinierend, da sich in ihm, wie ich finde, so besonders gut die Auffassung eines spirituellen Menschens aus einer anderen Religion und Kultur mit tiefem Blick auf die Gestalt Christi erkennen lässt.
Das Bild ist insgesamt von den Farben Orange-Rot und Gold bestimmt. Im „Vordergrund“ sozusagen sieht man den Umriss einer menschlichen Gestalt, vom Kopf im oberen Teil des Bildes bis etwa zum Becken herunter, dem Betrachter direkt zugewandt. Der Kopf besteht aus einer rundlichen bis ovalen hellen Fläche, ohne weitere Einzelheiten, also ohne konkretem Gesicht oder anderer Definition, mit Ausnahme eines kleinen, schmalen Bartes in Höhe des Kinns. Vom oberen Halsbereich aus etwa bis zur gleichen Stelle auf der anderen Seite ist diese Fläche von einem schmalen, glatten dunklerem Haarkranz umgeben. Die Figur, im Titel als „Christ“ bezeichnet, trägt ein kragenloses, vermutlich längeres Hemd und darüber ein dunkleres, nach vorne offen fallendes Gewand oder Umhang. Seine rechte Hand hält der Dargestellte scheinbar vorne vor der Brust erhoben. Dies ist allerdings nur eine Vermutung meinerseits, es ist schwer auf dem Abdruck und der Fotokopie zu erkennen.
Weiterhin wird dieser Kopf, hinter Kopf und Schultern, umgeben von einem runden, relativ breitem, nur durch die Schultern unterbrochen Kreis, der sich in den Farben Gold und Orange-Rot leicht changierend und transparent anmutend zeigt. Sein Übergang zu Haar und Schultern wird noch einmal mit einem dünnen, aber unregelmäßigem Strich in leuchtendem Gold leicht betont, sodass sich dieser breitere, lichterfüllte Goldkreis noch deutlicher vom Haarkranz selbst abhebt. Dahinter dann erscheint ein weiterer Kreis aus Licht, sichtbar, da er auf eine gold-rote „Wand“ auftrifft, bzw. diese eigentlich erst sichtbar macht. Diese scheinbare Wand besteht aus gleich großen hochkant aufgereihten kleinen Rechtecken mit jeweils einem aufgerichteten, immer gleichem Kreuz darin. Nebeneinander und übereinander gleichmäßig geometrisch angeordnet über das gesamte Bild und offenbar darüber hinaus. Sie erinnern mich an kleine Emaille-Kacheln oder Tafeln. Die Kreuze selbst zeigen das christliche Kreuz ohne Corpus, mal Rot auf Gold, mal Gold auf Rot in lebendiger Darstellung, je nach Lichteinfall. Durch ganz kleine Unterschiede und Schattierungen wirkt jede dieser im Großen und Ganzen gleich aussehenden „Kacheln“ jedoch wie einzeln handgeformt und dadurch jede ein Original mit ganz leichten, individuellen, einzigartigen Zügen.
Die Figur davor, also Christus, „Christ“, und diese scheinbar unendliche Anzahl von Kreuzes-Kacheln, – für mich sind es alles einzelne Menschenleben –, durchdringen sich sozusagen gegenseitig. Vor ihm, hinter ihm, in ihm. Keine wirkliche Trennung zwischen allem erkennbar. Christuswirklichkeit und jedes einzelne Menschenleben, für die alle diese leuchtenden Tafeln mit Kreuz meiner Ansicht nach stehen. Jedes einzelne Leben erschaffen, gewollt, aufgezeigt und unvergänglich und zwar haargenau so, wie es ist oder war oder noch sein wird. Und ich füge hinzu, nicht nur das der Menschen!
Beim ersten Betrachten des Bildes haben mich persönlich natürlich der dunkle Haarkranz und das „leere“ Gesicht sofort an einen offenen Zen-Kreis erinnert, der Zen-buddhistischen Darstellung für die alles umfassende, unendliche Leere. Erweitert oder wiederholt sozusagen wird dieser dunkle Kreis durch den goldfarbenen „Heiligenschein“, wie wir ihn aus christlichen Darstellungen kennen und den noch weiter dahinter strahlenden Lichtkreis. Und dieses scheinbar leere Gesicht ermöglicht es uns ja eventuell sogar uns selbst darin zu erkennen. In Christus und als Christuswirklichkeit.
Gleichzeitig aber auch als Teil des gesamten Universums, denn, wenn man ein bisschen zurücktritt, die Augen leicht unscharf stellt und so einen besseren Gesamteindruck des Bildes erhält, ohne sich zu sehr in den Einzelheiten zu verlieren, könnte man, mal von einer ganz anderen Warte aus gesehen, auch einen Teil unseres Sonnensystems erkennen: das leere Gesicht und der dunkle Kranz z.B. als Mond und Erde, dahinter unsere glühende Sonne, dann das blinkende Sternenzelt und schließlich die unendliche Dunkelheit des Alls. Auch diese Sicht finde ich nicht ganz abwegig. Gewollt oder nicht, passen würde es meiner Ansicht nach durchaus, denn ganz gleich aus welcher Richtung oder Warte wir diese Dinge betrachten, ich sehe keine wirkliche Trennung, auch nicht zur Christuswirklichkeit oder der Leere, usw. – (Höchstens gedanklich und konzeptionell natürlich.)
Die erhobene rechte Hand im Bild vom „Christ“ als Zeichen des Segens finden wir ähnlich auch oft bei Buddha-Darstellungen, z.B. als Zeichen der Weisheit und der Lehre (mit „h“).
Die verwendeten Farben Gold und ein warmes leuchtendes Rot strahlen für mich vor allem Wärme aus. Gold für das Ewige, Göttliche und Rot für das Leben, das Lebendige, das Blut, unseren Lebenssaft und natürlich: die Liebe!
Ein großes Wort, aber meiner Ansicht nach auch immer wieder sehr schnell missverständlich. Selbst, wenn wir alle „irdischen Varianten“ erstmal beiseite lassen.
Die unendliche Liebe, Gottes unendliche Liebe, Gott in seinem unendlichen Sein hat meiner Ansicht nach mit dem uns möglichen Verständnis von Liebe nicht viel zu tun. Sie übersteigt in jedem Fall unser Fassungsvermögen und hat dann auch nichts mehr mit großen Gefühlen zu tun, sondern ist eher schlicht und unaufgeregt einfach da. Und schließt natürlich alle und alles ausnahmslos mit ein. Die gesamte Schöpfung eben, mit allem, was dazugehört. Alles andere wäre für mich viel zu kurz und eindeutig zu eng gedacht.
Wir sagen Christus hat uns erlöst, den Tod überwunden. Für uns. Doch was heißt das? Müssen wir jetzt nicht mehr sterben? Nicht mehr leiden oder Schmerzen ertragen? Eindeutig: Nein. Aber was hat er denn dann für uns getan? Was hat er uns gezeigt und vorgelebt? Er ist seinen Weg gegangen, hat sein Leid, seine Schmerzen, und seinen Tod, also sein irdisches Leben mit allem, was dazugehört angenommen und sich in tiefem Vertrauen, tiefem „Wissen“ und vollkommen entleert in Gottes Hände gelegt. So heißt es bei uns im Christentum. Indem er dies so getan, gelebt und realisiert hat, hat Christus uns Menschen erlöst.
Er zeigte uns diesen Weg in seiner Person und forderte zunächst einmal diejenigen, die ihm nachfolgen wollten und an ihn glaubten, auf, alles hinter sich zu lassen. Indem er sich selbst als Weg, Wahrheit und Leben bezeichnete, zeigte er auch sein eigenes Sein in Gott, seine Untrennbarkeit von Gott, sein Einssein mit Gott? – Gottes Gnade und unendliche Barmherzigkeit wird durch ihn in seiner Christuswirklichkeit allen zuteil werden und sein. – So formuliert und verstanden nur ganz persönlich von mir und eindeutig als Nicht-Theologin!
Wer den Weg Christi geht, und ich meine nicht die uns konkret überlieferten Geschichten über sein Leben, sondern die jedem von uns ganz eigene Lebensgeschichte so lebt, wie Christus es uns „vorgelebt“ hat, nämlich so weit entäußert wie möglich, der wird erkennen und erfahren können, dass Gott vollkommen in uns ist und wir in ihm. Dass es zwischen Gott, der Christuswirklichkeit, uns und allen und allem „Anderen“ keinen Unterschied gibt, von welcher Warte aus wir es auch sehen mögen. Und in dieser Erkenntnis können wir – wie er – auch Leid und Tod aushalten, annehmen und durchleben. Und indem wir uns dieser Wirklichkeit immer mehr öffnen und ihn, Christus als Wahrheit und Weg selbst verkörpern, erkennen und erfahren wir unsere eigene Wirklichkeit.
Das große göttliche Geheimnis, die große Leere, unendliche Barmherzigkeit und die unendliche Liebe sind gar nicht so verschieden wie wir manchmal glauben!
Im Gegenteil. Es gibt nichts zu trennen, nichts, was man trennen könnte. Für mich sind das alles nur Ausdrucksformen des großen Unsagbaren, Einen.
Und bitte niemals vergessen: Lebensfreude, Glück und was Euch sonst noch so einfällt, gehören natürlich ebenfalls völlig untrennbar immer dazu.
Danke, UR-F