GLOSSAR

Einige wichtige Begriffserklärungen

Achtfacher oder achtgliedriger Pfad: Der achtfache oder achtgliedrige Pfad, wie ihn Shakyamuni Buddha gelehrt hat, beinhaltet folgende Elemente: rechte Einsicht oder Anschauung; rechte Gesinnung oder rechtes Denken; rechtes Reden; rechtes Handeln; rechter Lebenserwerb; rechtes Üben oder rechte Anstrengung; rechte Achtsamkeit oder Bewusstheit und rechte Sammlung und Versenkung. Rechte Versenkung/Meditation ist ein Teil des Weges, um recht zu leben.

Buddhanatur: Wesensnatur; wahres Wesen; wahres Selbst, wahre Natur.

Buddha-Dharma (Sanskrit): Die Buddha-Lehre, im Verständnis des Zen-Buddhismus die Wahrheit, auf deren Erfahrung die Lehre des Buddha gründet und die nur einem unmittelbaren „Begreifen“ in eigener Erleuchtungserfahrung zugänglich ist.

Dharma (Sanskrit): Dharma ist ein „schillernder“ Begriff, der in vielerlei Hinsicht Bedeutung hat. Zum einen ist er, wie zu Buddha-Dharma ausgeführt, zu verstehen, also gewöhnlich im Sinne der Lehre des Buddha über die universelle Wahrheit und die daraus folgenden ethischen Regeln und ihre Umsetzung in das tägliche Verhalten. Zum anderen kann Dharma auch für das stehen, was unser wahres Wesen (siehe zu Buddhanatur) ausmacht. Auch wenn Dharma in Bezug auf die äußere, also die phänomenale Welt der Dinge und Ideen pp. gesehen wird und diese bezeichnet, ist damit immer zugleich die den Phänomenen innewohnende Wahrheit und Kraft gemeint.

Dokusan (jap.): Ist das persönliche Gespräch zwischen Lehrer und Schüler im sog. Dokusan-Raum, welches während der laufenden gemeinschaftlichen Meditation und ebenfalls in Meditationshaltung stattfindet. Es dient dazu, Fragen zur Übung des Schülers zu behandeln, und gibt dem Lehrer die Möglichkeit, die Meditation dem Übungsstand des Schülers entsprechend zu unterstützen.

Hara (jap.): Wörtlich der Unterleib, der Bauch oder die Eingeweide. Im Zen auch verstanden als geistig-seelische Mitte des Menschen.

Kinhin (jap.): Meditation im Gehen, üblicherweise zwischen den Sitzmeditationseinheiten.

Koan (jap.): Ein Schulungsmittel für Zen-SchülerInnen, vornehmlich in der Rinzai-Tradition, aber auch in gewissem Maße in der Soto-Tradition wie auch in den „modernen“ Zen-Strömungen, die Übungselemente und Ansätze beider traditionellen Zen-Sekten verwenden. Zuweilen ist ein Koan eine Formulierung aus einem Sutra, häufiger indes die Schilderung einer Episode aus dem Leben alter Meister, sei es ihrer Aussagen in Lehrreden, sei es ihrer „Antworten“ auf Fragen ihrer Mönche oder ihrer Fragen, die sie an ihre Mönche oder einzelne Übende richteten. Ein Koan ist kein Rätsel. Es ist nicht mit dem Verstand zu „lösen“. Es fordert einen Sprung auf eine andere Ebene, auf der logisches, begriffliches Verstehen transzendiert wird.

Leere /Leerheit: Leer zu sein, heißt nicht, nicht-existent zu sein, sondern „leer von einem eigenständigen Selbst zu sein und daher voll von allem, erfüllt von Leben zu sein“ (Thich Nhat Hanh, Mit dem Herzen verstehen, S. 38). Diese Leerheit ist, anders als unser unter-scheidendes Denken uns suggerieren möchte, nicht etwa ein Nullum. Sie ist kein nihilistisches Nichts. Sie ist alle zehntausend Dinge, all dies, was diese phänomenale Welt ausmacht. Alles ist in seiner Soheit die Erscheinung dieser Leere. Es gibt keine Trennung von ihr. Sie ist immer da. Es geht mithin – auch in der Erfahrung von Leere oder Leerheit – „nicht um die Abwesenheit von allen Dingen, sondern die Abwesenheit von Konstrukten der Wahrnehmung“, und von den Gefühlen, die diese hervorrufen bzw. zustandegekommen aufgrund von Gefühlen, die unsere gewöhnlichen Wahrnehmungen prägen und uns zu Theorien führen, die wir „in eine Empfindung von Essenz einkapseln.“ (Robert Wright, Warum Buddhismus wirkt, S. 363, 310 f, 203). 
Leerheit ist – so könnte man es vielleicht sagen – nicht etwas, was man suchen (und finden) könnte, sondern vielmehr eine Weise, die Welt zu erfahren.

Mahayana: „Großes Fahrzeug“, einer der Hauptzweige des Buddhismus, der vermutlich zwischen 100 v. Chr. und 100 n. Chr. entstand. Das Ideal des Mahayana ist der Bodhisattva, eine Verkörperung eines Erleuchteten, der sich mit einem unendlichen Maß von Mitleid und Mitgefühl dem Beistand aller leidenden Wesen widmet, um diese zu „retten“, d.h. zu befähigen, ihr Leiden zu lindern (vgl. näher Perry Schmidt-Leukel, Buddhismus verstehen, S. 196 ff.).

Mu: Das „Grund-Koan“ aus der Koansammlung Mumonkan Nr. 1, welches in der Koan-Schulung als erstes Koan dem Schüler bzw. der Schülerin „gegeben“ wird. Es wird auch als Durchbruchs-Koan bezeichnet bzw. verwendet.

Samadhi (Sanskrit) oder Zanmai (jap.): Die Beruhigung der Geistestätigkeit hin zu einem nicht-dualistischen Bewusstseinszustand, in dem das sog. Erwachen, die Erleuchtungserfahrung, geschehen kann. 
Der Versenkungszustand im Alltag im Tun des Alltags in vollständiger Ausrichtung auf den jeweiligen Augenblick in der konkreten Situation wird als positives Samadhi bezeichnet. 
Versenkung in der Abgeschiedenheit und in dem Schweigen im Zazen auf dem Kissen etc. wird absolutes Samadhi genannt. Es ist dies eine Verfassung, in der wir vollkommen von einem Geschehen absorbiert sind, welches unserem bewussten oder gewollten Zugriff vollständig entzogen ist. 
Diese Bezeichnungen positives und absolutes Samadhi stammen von Katsuki Sekida, in: Zen-Training.

Sangha (Sanskrit): Wörtlich „Menge, Schar“. Im Zen sind dies die SchülerInnen eines Lehrers oder Meisters sowie die am gemeinschaftlichen Zazen in Abendmeditationen, an Zazenkais und in Sesshins teilnehmenden und sich dazu gehörig fühlenden Menschen.

Satori (jap.), häufig synonym für Kensho (jap.): Zen-Termini für die Erfahrung des sog. Erwachens, der sog. Wesensschau oder der sog. Erleuchtung, die alle das gleiche Phänomen bezeichnen.

Sesshin (jap.): mehrtägiger Zen-Meditationskurs im Schweigen.

Shikantaza (jap.): Wörtlich nichts als (shikan) treffend (ta) sitzen (za); eine Form der Übung des Zazen (s. dort), bei der es keine stützenden Hilfsmittel wie etwa ein Koan (s. dort) gibt, die Aufmerksamkeit auf kein Objekt gerichtet ist und an keinen Inhalt geheftet wird.

Shunyata (Sanskrit): Wörtlich „Leere, Leerheit“. Meint die Welt der Nicht-Form. Zentraler Begriff des Buddhismus. 
Shunyata trägt und durchdringt nach diesem Verständnis alle Phänomene und macht erst ihre Entwicklung möglich. Die Dinge existieren danach also nicht aus sich selbst heraus, sondern stellen nichts anderes als Erscheinungen dar.

Sitzen: gebräuchliche Kurzbezeichnung für die Stille-Meditation im Sitzen (jap. Zazen, s. dort) auf dem Meditationskissen (jap. Zafu), einem Meditationsbänkchen, einem Hocker oder einem Stuhl.

Sutra (Sanskrit): Wörtlich „Leitfaden“. Sutras sind Lehrreden von Shakyamuni Buddha. Sie sind Teile des buddhistischen Kanons. 
Im Zen besondere Wichtigkeit hat das sog. Herz-Sutra mit seinem Kernsatz: „Form ist nichts als Leere, Leere ist nichts als Form“. Zu nennen ist auch das sog. Diamant-Sutra, welches ausführt, dass alle phänomenalen Erscheinungen nicht die Letzte Wirklichkeit, sondern Illusionen und Projektionen des eigenen Geistes sind.

Teisho (jap.): Darlegung zum Zen-Weg aus der Erfahrung des Meisters oder Lehrers, klassischerweise anhand eines Koans oder anderer wichtiger Passagen aus Sutren oder der Zen-Literatur.

Vier Gelöbnisse: Die Vier Gelöbnisse sind die sog. Bodhisattva-Gelöbnisse. Sie lauten in der im Programm Leben aus der Mitte gebräuchlichen Formulierung: Die Geschöpfe sind zahllos, ich gelobe, sie alle zu retten. Die Leidenschaften sind unzählig, ich gelobe, sie alle zu überwinden. Die Tore der Wahrheit sind mannigfach, ich gelobe, sie alle zu durchschreiten. Der Weg des wahren Selbst ist unübertrefflich, ich gelobe, ihn zu gehen.

Zähler/Nenner: Der Zähler ist die endliche, die phänomenale Welt in all ihren verschiedenen Ausgestaltungen, während der Nenner nur ein mathematisches Zeichen kennt: null unendlich, die liegende Acht. Dies ist die unendliche Wirklichkeit, das, was auch mit Wesenswelt ausgedrückt oder als das Wahre Selbst bezeichnet wird. Mit diesem Bild eines mathematischen Bruchs hat Yamada Kôun Roshi immer wieder zu verdeutlichen versucht, wie die umfassende Lebens-Wirklichkeit beschaffen ist.

Zazen (jap.): Sitzen in Versunkenheit, meditative Praxis ohne Meditationsobjekte im üblichen Sinne.

Zazenkai (jap.): Meditationstag.

Zehn buddhistische Gebote: Sie lauten: Du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst keine Unkeuschheit begehen; du sollst keine Unwahrheit sagen; du sollst keinen Alkohol kaufen oder verkaufen; du sollst nicht über die Fehler von anderen reden; du sollst dich nicht selbst loben und andere tadeln; du sollst nicht mit dem Dharma-Reichtum geizen; du sollst dich nicht ärgern; du sollst nicht schlecht über die drei Juwelen (Buddha, Dharma, Sangha) reden.